Gespliessten-Treff in CH-Sarnen 2009

Gespliessten-Treff 2009

In der Schweiz, in Sarnen im Kanton Obwalden traf sich die Elite derjenigen Fliegenfischer, welche gespliesste Fliegenruten baut, zum vierten Mal. Es war, um alles auf einen Nenner zu bringen, für den Betrachter und Gourmet ein absolutes Festmahl.

Für uns, für alle Gäste stimmte einfach in jeder Beziehung ein und alles. Da darf man ruhig auch das Essen einbeziehen, ja sogar damit beginnen. Im Zentrum des Ruderclubs bereitete uns die Küche unter Federführung, heisst unter Kochlöffel-Führung von Beno Gisler und Christian Schmid die ganzen drei Tage wirklich reichhaltiges und erstklassiges Essen zu. Und auch das Damenteam, welches uns betreute verdient eine spezielle Erwähnung und einen Riesen-Applaus.

Doch nun zum eigentlichen Thema. Aus vielen Ländern, also nicht nur aus der Schweiz, Deutschland und Italien, nein sogar aus den USA fanden sich die Freunde des gespliessten Rutenbaus an diesem tollen Meeting in unserer Innerschweiz.

Ziel diese Meetings war, eine Gespliesste von A – Z zu bauen und zwar eine dreiteilige C.C. de France von Hardy, ein historisches Modell. Das gelang auch und es waren im Ganzen 33 Rutenbauer daran beteiligt. Ein ganz Glücklicher gewann sie dann an der Tombola. Ich ging, wie immer an solchen, leer aus, aber man kann ja nicht gar alles im Leben haben.

In lockerer Atmosphäre und bei schönstem Wetter orientierte Philipp Sicher die Gemeinschaft über das interessante Programm

In lockerer Atmosphäre und bei schönstem Wetter orientierte Philipp Sicher die Gemeinschaft über das interessante Programm

Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie an einem Ort dermassen viel „Kunsthandwerk“ betrachten dürfen. Ein Handwerk, welches sogar noch weit über den Bau gespliesster Fliegenruten hinausgeht. Ich denke da nur an die beiden Fliegenbinder aus Italien. Terenzio und sein Freund banden eigentliche „Kunst“- Fliegen – ohne Fliegenhaken (und ohne Bindestock!) – der aber kam dann am Schluss, hängend an der perfekten Imitation, noch dazu. Ich habe einige mit nach Hause genommen; Sie können sie an unserer Kaffeebar bewundern.

Da gab es zum Beispiel einen Spezialisten, der einzig und allein, Achat-Leitringe für Fliegenruten baut – Stück für Stück ein „Juwel“, anders kann man gar nicht sagen. Ferdi Wenzinger bewies mit seinen gebohrten (nicht gedrehten) Hülsen Schweizer-Präzisionshandwerk und, dass man selbst einen gespliessten Kescher bauen kann! Waldemar Nowak und andere, bauen so schöne Fliegenrollen und Fliegenrollenhalter, dass man fast Angst hat, damit überhaupt fischen zu gehen. Wolfhard Schulz, übrigens ein Meisterschüler der Hebeisen Fliegenfischerschule, ist erst der zweite Rollenbauer nach Edward vom Hofe und der erste Europäer, dem es gelang, das silent tension automatic drag system, welches der Meister 1879 patentieren liess, nachzubauen. Eine Arbeit, an der sich u.a. auch Saracione und Bogdan die Zähne ausgebissen haben. Eine perfekte Replica dieser phänomenalen Fliegenrolle war zu bestaunen. Kurt Zumbrunn zeigte, wie man aus Birkenrinden einen wunderschönen Fliegenruten-Griff baut. Jaroslav Vecko gravierte eine Hülse und die Schaukästen des Entomologen Heinz Suter liessen dem Betrachter nur ein Kopfschütteln zu ob soviel Schönheit. Vieles und Viele gäbe es noch zu erwähnen oder zu nennen. Und er belehrte mich auch aus entomologischer Sicht. Ich sei auch einer derjenigen, die bei den Lachsen ständig von „Meerläusen“ reden würde, dabei seien das keine Meerläuse, sondern Meerkrebse. Na ja, ich bat ihn, logisch, sich darüber wissenschaftlich zu äussern, was er mir versprach, ich werde das Geschriebene dann gerne in unserer Hauszeitung PETRI NEWS veröffentlichen. Bleiben Sie dran!

Bevor ich zum eigentlichen Thema komme; zuerst ein Wort zur eigentlichen Atmosphäre. Nicht die des Drumherum; die war ganz locker, entspannt und geradezu fröhlich. Ich meine die Atmosphäre des „Konkurrenzdruckes“. Der war, aber nicht im Geringsten, aber wirklich nicht im Allergeringsten zu spüren, zumindest nicht für den aussen stehenden Betrachter. Es mag ihn wohl intern geben, aber mir versicherten alle, dass hier ein Jeder einem Jeden wirklich alles zeigt, ihm hilft und jedes Geheimnis verrät. So gibt es neuerdings auch eine neue, weit besser Lackiermethode – das Geheimnis stand, für alle sichtbar, auf dem Demonstrationstisch!

Was wurde da gehobelt und geschliffen...

Was wurde da gehobelt und geschliffen...

Kommen wir nun endgültig zum Hauptthema, nämlich dem Bau von gespliessten Fliegenruten. Was ich da an Handwerkskunst betrachten durfte, schlug mir wirklich fast den Atem aus Brust. Da könnte man echt auch (und zwar ein schönes) ein Buch darüber schreiben und es ist für mich klar, diese Gilde muss dies tun und zwar bald! Falls diesbezüglich Hilfe gebraucht wird, weiss ich wer helfen kann. Können Sie sich eine viereckige Gespliesste vorstellen? Und eine aus 7 und eine andere aus 13 Spliessen? Eine Fliegenruten-Serie stand da in 8 verschiedenen Ausführungen. Und alle, jede einzelne der Fliegenruten, welche man zu sehen bekam, welche man in die Hände nehmen durfte und die man auch auf der Wiese werfen konnte, war einfach; ich kann mich nur wiederholen: wunderschön.

Nun komme ich aber zum Wurftechnischen. Es ist ja, wie Sie sicher wissen, die Wurftechnik, das Werfen mit solchen Fliegenruten, welches mich ganz besonders interessiert. Da war es noch vor einem Jahrzehnt so, dass ein guter Teil solcher Fliegenruten nicht meinen Anforderungen bestehen konnte. Das hat sich massiv geändert. Ich habe rund drei Dutzend solcher Ruten geworfen, da war nicht eine, nicht eine einzige „Krücke“ darunter. Sicher, da waren Modelle darunter, die für meinen Geschmack vielleicht etwas zu weich waren, aber selbst die „Nudel“ von Bjarne Fries war noch schön zu werfen, da muss man halt einfach den Wurfstil anpassen. Viele Modelle waren in den Längen um 7 Fuss und kürzer für die Schnurklassen meist um 4 – 5 - 6, die letztere Klasse eher weniger. Subtilität war mehr gefragt. Immerhin; ich stellte Fliegenrollen mit der HRH WF 5.5 F zur Verfügung und sie wurden auf diversesten Fliegenruten-Typen geworfen. Auch da war die Meinung der Experten einhellig; diese Fliegenschnur passt für alle Gespliessten in diesem Bereich perfekt..

Eine Meinungs-Änderung

Ich war viele, viele Jahre rein persönlich und logisch subjektiv überzeugt von folgender Formel: Gespliesste Fliegenruten bis zu 210 Zentimeter Länge: Ja. Über dieser Länge war für mich der „Gewichtsnachteil“ der Gespliessten zu gross um den „Ästhetikvorteil“ dieser Fliegenruten wettzumachen. Persönlich waren es immer zwei Längen, die mir persönlich sehr gefielen (und logisch heute noch gefallen) nämlich eine sportliche Gespliesste mit 192 Zentimeter und eine gemütliche Fliegenrute aus Bambus mit einer Länge von 205 cm. Von Walter Brunner mag mir auch noch die Salza 210 cm gefallen, noch besser die mit 190 Zentimeter.

Da sah ich doch über die Wiese eine besonders schöne Schlaufe, die auch kraftminimiert geworfen wurde. Ich musste dahingehen. Es war die Rute, die mich nun eines Besseren belehrte. Sie war 228 cm lang, für die Schnurklasse 4. Der Erbauer warf sie auch selbst: Robert Stroh. Nur soviel: Ich durfte auch damit werfen und ich sagte im ersten Moment nur: „Wie Butter“. Und so warf sich diese Fliegenrute auch. Sie lief dahin – einfach von selbst, es war und ich rede jetzt allein aus werferischer Sicht, aber klar gesagt: Die schönste Fliegenrute, die ich in meinem ganzen Leben je geworfen habe. Ich fragte Robert, welches Taper denn diese Rute habe und er antwortete mir aus einem Mix von bestehenden. Ich kann der Gilde nur raten, dieses Taper nachzubauen.

Alle anderen anwesenden Rutenbauer mögen mich entschuldigen, wenn ich den einen von Euch hervorgehoben habe. Mein Urteil ist aus wurftechnischer Sicht, (obwohl logisch dieses Juwel mit sogar noch gespliesster Hülsenverbindung auch visuell keinen Wunsch offen liess), denn Euer Handwerk kann ich ja sonst nur visuell bestaunen. Was habt Ihr doch für schöne Ruten gebaut. Seid nicht ungehalten, dass ich, nun aus visueller Sicht beurteilt, noch die Namen Wilhelm Aigeldinger und Gerd-Peter Wieditz erwähne, sie gehören ja auch noch zu den Älteren Eurer Szene. Und lasst es laut gesagt sein: Eine Jede war auch aus dieser Perspektive beurteilt oberste Spitze.

Ich bin sicher, dass sich diese Szene auf dem richtigen Weg befindet, und, dass man heute in einem Jahr beim nächsten Treffen in der Nähe von Dortmund wieder solch tolles Handwerk bestaunen darf.

Philipp Sicher und Herbi Kiser, zwei der sechs Hauptorganisatoren mit H.R. Hebeisen

Philipp Sicher und Herbi Kiser, zwei der sechs Hauptorganisatoren mit H.R. Hebeisen

Euch liebe Fliegenfischer, die Ihr zu Eurem Vergnügen allein die Fliegenruten am Wasser schwingt, rate ich dringend, Euch damit zu befassen, dass Eure dritte, vierte und schon gar die sechste zumindest eine gespliesste Fliegenrute sein könnte, sein sollte. Gerade für das Trockenfliegenfischen sind sie einfach perfekt. Und eines dabei nicht vergessen; der höhere Preis kompensiert sich nicht nur durch schöneres, vergnüglicheres Fliegenfischen, sondern vor allem auch durch die Tatsache, dass die Investition letztendlich die bessere ist, weil der effektive Wert dem bezahlten Preis weit, weit näher kommt als bei einer Kunststoff-Fliegenrute. Und, vor allem, dass sie diesen effektiven Wert auch für ewig behält.

Ich bedanke mich nicht nur bei den Organisatoren, die einen fantastischen Job machten, ich bedanke mich auch ganz persönlich bei jedem Einzelnen von Euch für euren Beitrag zum Gelingen dieses Meetings.

H.R. Hebeisen

Diashow:

gespliessten-treff09

Wolfhard Schulz, übrigens ein Meisterschüler der Hebeisen Fliegenfischerschule, ist erst der zweite Rollenbauer nach Edward vom Hofe und der erste Europäer, dem es gelang, das silent tension automatic drag system, welches der Meister 1879 patentieren liess, nachzubauen. Eine Arbeit, an der sich u.a. auch Saracione und Bogdan die Zähne ausgebissen haben. Eine perfekte Replica dieser phänomenalen Fliegenrolle war zu bestaunen.

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