Ein Reisebericht von Markus A. Angst
Die 3 Musketiere: Jürg, Dani, meine Wenigkeit
Zu dritt brachen wir in der vorletzten Juliwoche am Freitagabend nach der Arbeit erwartungsvoll nach Kroatien auf. Entsprechend den Erzählungen von Freunden waren unsere Erwartungen recht hoch. Nach 10 Stunden Fahrt ab Zürich kamen wir schliesslich am Samstagmorgen in Belo (nahe Brod na Kupi, direkt an der slowenischen Grenze) bei unseren Gastgebern Annamaria und Mislav Jukic an. Nachdem wir auf den letzten Metern vor dem Ziel bereits auffällige Ringe im Wasser ausmachten und ein Blick von der Brücke zahlreiche, vielversprechende Schatten zeigte, war die Müdigkeit der nächtlichen Reise wie weggeblasen! Was so ein wenig Adrenalin doch bewirken kann!
Der Empfang durch unsere Gastgeber war warm und aufrichtig herzlich. Annamaria sorgte während unseres Urlaubs für unser leibliches Wohl, was sie übrigens bestens verstand (die Waage zeigte nach 7 Tagen +2.5kg!). Es erwartete uns jeden Morgen ein reichhaltiges Frühstück und am Abend stand pünktlich zur jeweils vereinbarten Zeit ein schöner, bodenständiger und mit Liebe zubereiteter Viergänger auf dem Tisch. Mislav, hauptberuflich Bibliothekar im kroatischen Parlament und leidenschaftlicher Fliegenfischer, stand am Wochenende als kundiger Guide zur Verfügung. Es gibt wohl in der Region kaum einen schönen Fisch, dessen Wohnadresse er nicht kennt (und auch preisgibt!).
Belo ist ein „Kleinst-Dorf“, bestehend aus einem knappen Dutzend Häuser, direkt an der Kupa gelegen. Die nächst grössere Ortschaft mit vielleicht 500 Einwohnern und Grenzübergang nach Slovenien ist Brod na Kupi und liegt ca. 5 Kilometer flussaufwärts an der Kupa. Die Landschaft ist geprägt von dicht bewaldeten, sich endlos hinziehenden Hügeln. Es eröffnet sich eine für uns Schweizer wohltuende Weite. Die Landwirtschaft in der Region (sofern sie denn überhaupt stattfindet) wird sehr extensiv betrieben – Industrie findet sich keine. Das wirkt sich entsprechend auf Flora und Fauna aus. Die Region beheimatet reiche Wildbestände, inklusive Bären und Wölfen und die Pflanzen- und Insektenvielfalt ist beeindruckend.
Bei Mislav konnten Tageskarten zu 35 € für die Gewässer des lokalen, über 80-jährigen Fischervereins bezogen werden. Diese umfassten rund 40 km der Kupa, die Kupica sowie den Curak.
An der Kupa
Die Kupa entspringt einer Karstquelle im Nationalpark Risnjak und markiert über weite Strecken die Grenze zu Slovenien. Auf seinen ersten 30 Kilometern münden mehr als 20 kleine Flüsse und Bäche in sie, was eine relativ beständige Wassertemperatur und einen günstigen Wasserstand während der ganzen Saison zu Folge hat. Tiefe, langgezogene Pools wechseln sich mit langsam fliessenden ruhigen Abschnitten und engeren, schneller fliessenden Passagen ab. Im unteren Teil hat die Kupa eine durchschnittliche Breite von ca. 20 Metern. Die Kupa zeigt kristallklares Wasser, ist nahrungsreich und beheimatet vor allem Äschen, Forellen und Huchen (letztere können in den tiefen Pools sehnsüchtig beobachtet werden - befischt werden dürfen sie nur im Winter). Die Äsche dominiert klar und kommt in beeindruckender Dichte vor. Exemplare über 40cm sind oft anzutreffen und zur entsprechenden Tageszeit auch mit der Trockenfliege zu fangen. Nachbesetzt werden nur in eigenen Aufzuchtbächen herangewachsene Bachforellen – die Äschenpopulation entstammt ausschliesslich der Naturverlaichung. An der Kupa dürfen 2 Bachforellen/Tag entnommen werden – Äschen werden (wie an den anderen Gewässern auch) strikt geschont. Es gilt „Fly only“.
Schöner Äschenzug am Oberlauf der Kupa
Besonders zu erwähnen ist der Quellbereich der Kupa im Nationalpark Risnjak (ca. eine Stunde Fahrzeit von Belo; Tageskarten im Nationalpark erhältlich). Die Natur ist umwerfend, das Wasser Gin-klar, grünlich schimmernd und die Äschenbestände phänomenal! Man geht am Ufer entlang und sieht in den entsprechenden Zügen Exemplare 35cm+ wie an einer Perlenschnur aufgezogen. Darunter immer wieder Fische über 50cm. Allerdings lassen sich diese „Kapitalen“ nicht allzu einfach fangen. In dieser Jahreszeit sind kleine CDC-Fliegenmuster (Hakengrössen 18 – 22), eine subtile Präsentation und dünne, lange, gut entfettete Vorfachspitzen gefragt – anders geht’s nicht. Hat man allerdings diese Art der Fischerei im Repertoire, kann man wahre Sternstunden erleben.
Kupica Pool
Die Kupica misst von ihrem Ursprung bis zur Mündung in die Kupa etwa 3km. Ihr Wasser ist auch im Sommer erfrischend kühl, ihre Struktur sehr abwechslungsreich und ihre Bewohner sind sehr kampfstark. Auch hier dominiert die Äsche, gefolgt von der Bachforelle und schönen Huchen. Seit diesem Jahr gilt an der Kupica „Dry Fly only“. Insbesondere in den Morgenstunden haben wir hier sensationell gefangen. Einmal habe ich sogar (was ich vorher nie für möglich gehalten hätte) nach einer guten Stunde mit fischen aufgehört, mich mit einer Zigarette beobachtend ans Ufer gesetzt, weil ich einfach genug Fische gefangen hatte!
Curak
Das dritte Vereinsgewässer ist der Curak – ein eigentlicher Bach. Er fliesst beinahe über seine ganze Länge (7 km) durch eine bewaldete Schlucht. Man wähnt sich - insbesondere in den feuchten Morgenstunden, wenn die Sonnenstrahlen stellenweise durch das Blätterdach scheinen - wie in einer Märchenlandschaft. Das Licht ist traumhaft, die bemoosten Bäume und das satte Grün des Waldes tun der Seele wohl! Auch hier findet man Äschen bis gut über 40cm, sowie Bachforellen. Die Äschen sollte man nicht nur in den grossen Pools suchen - erstaunliche Exemplare findet man auch an den Strömungskanten der Rieselstrecken. Als Liebhaber der Trockenfliege habe ich wohl auf die eine oder andere Chance verzichtet, eine Kapitale aus der Tiefe zu „nymphelen“, doch habe ich trotzdem genug anständige Fische gehakt. Zur Ausrüstung: Es gibt zwei Möglichkeiten, den Curak nervenschonend zu befischen. Zum einen mit Rollwürfen an einer 8‘ bis maximal 9‘ Rute oder bedacht werfend mit der kurzen 6-füssigen. Bei mir kam eine kleine Gesplisste zum Einsatz – Fliegenverluste konnten wir ja am Abend bindenderweise wieder ausgleichen!
"Fish-on" an der Gacka
Zu guter Letzt möchte ich noch die Gacka – einen typischer Kreidefluss – erwähnen. Er liegt ca. 90 Fahrminuten von Belo entfernt. Die Gacka fliesst grösstenteils offen durch freies Wiesland. Ihre Tiefe liegt zwischen einem und zehn (!) Metern. Auch hier: Klarer geht’s nicht – ein Benchmark für jeden Schnapsbrenner! Im Wasser finden sich etwa 20 verschiedene Pflanzenarten (der eine oder andere Hänger muss also in Kauf genommen werden). Die Uferzonen sind geprägt von grosszügigen unbewirtschafteten Zonen, welche die verschiedensten Pflanzen und Insekten beherbergen. Besonders fasziniert haben mich auch die weiten Flächen mit wilder Minze – im Sommer ein intensives Geruchserlebnis. Der Nachteil dieser Uferzonen ist, dass sich hier vor allem beschwerte Nymphen gerne verhängen. Um’s gleich vorwegzunehmen: Ich habe an diesem Tag den Herrgott ein paar Mal um eine HRH Nymph & Dry gebeten. Eine 5er Rute um 10 Fuss macht einem das Fischerleben an der Gacka um einiges leichter (Wurfhöhe und präzises Führen der Nymphe)!
Jürg, Dani und Mislav in der Kupa
Das Wasser weist im Sommer eine Maximaltemperatur von 10°C auf; im Winter werden 7.5°C gemessen – die Fische danken es! Wir befischten den obersten Teil der Gacka – das Revier A. Das sehr nahrungsreiche Gewässer beheimatet dort Regebogen- und Bachforellen sowie im obersten Abschnitt Äschen. Das Fischwachstum ist beeindruckend und die Regenbögler wachsen hier zu kapitaler Grösse heran. Wenn man ihnen vom Ufer aus beim Fressen zuschaut geht der Puls deutlich nach oben. Die besten Fangzeiten sind im Sommer frühmorgens bis etwa 10 Uhr, sowie ab 17 Uhr bis man buchstäblich nichts mehr sieht. Die ganz Grossen überlistet man nur mit der präzis geführten Nymphe, wobei die Wahl des Musters entscheidend ist. Am Abend beginnen dann auch die Regenbögler zu steigen und mit der subtil präsentierten, kleinen CDC lassen sich Exemplare bis gut 50cm auch von der Trockenen verführen. Der Abendsprung an der Gacka war für mich nebst dem Fischen im Nationalpark der Höhepunkt unserer Reise. In kurzer Zeit fing ich (ohne je zu hetzen!) 9 schöne, dicke und kampfstarke Fische mit der Trockenfliege, wobei die grössten über 45cm waren.
Zusammenfassend kann ich nur nochmals wiederholen – die Kroatienwoche übertraf unsere Erwartungen: Die rauhe Schönheit der Landschaft, die Vielseitigkeit der nahe zusammen liegenden Gewässer, der exzellente Fischbestand sowie die ehrlich gefühlte Gastfreundschaft und das zu einem sehr vernünftigen Preis begeisterte uns – ich denke wir werden nicht zum letzten Mal dort gewesen sein!
Markus A. Angst